- Wieso fehlt dem See überhaupt Wasser?
- Was hat das mit dem Klima zu tun?
- Erklärungsversuch und Hinweise, was wir tun können.
Eine kleine Videoeinführung (mp4).
Wer in diesem Jahr im Caputher See schwimmen war oder darum spazieren ging, wundert sich vielleicht über die Frage im Titel. Tatsächlich ist in diesem Sommer -auch dank der Klimainitiative- genug Wasser im See, siehe „Caputher See Pegel – Umweltschutz hautnah“. Und das Wasser ist erstaunlich viel klarer als in den letzten Jahren.
Erholung durch starke Regenfälle, weit über dem Jahresmittel
Wir sollten uns nicht täuschen lassen. In erster Linie ist die Verbesserung den ergiebigen Regenfällen der letzten 12 Monate zu verdanken. In den letzten 12 Monaten (Juli 2023 – Juni 2024) sind 763 mm Niederschlag gefallen = 763 Liter pro Quadratmeter. Das sind über 200 mm (oder 1/3) mehr als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre, wo es 556 Liter/m2 geregnet hat.
Die Daten des Deutschen Wetterdienstes zeigen zunehmend viele trockene Tage (Null oder weniger als 1mm) und einzelne, große Niederschläge im Sommer. Im Jahresmittel gleicht sich das nur scheinbar aus.
Selbst über einen Zeitraum von über 140 Jahres betrachtet, liegt das Jahresmittel unverändert bei 558mm/Jahr. Wenn Boden und ganze Landschaften heute austrocknen aber früher nicht, hat das andere Gründe. 1. Es fällt nicht weniger Regen, sondern ungleichmäßiger. 2. Es wird wärmer.
In Brandenburg ist es über 2°C wärmer als vor 100 Jahren
Bereits jetzt ist die Temperatur in Brandenburg stärker gestiegen als global angenommen. Besonders deutlich wird das, wenn man die Daten der letzten 10 Jahren mit denen von 1914 bis 1923 vergleicht. Vor 100 Jahren lag die Jahresdurchschnittstemperatur in Potsdam noch bei 8,5°C, während sie im Mittel der letzten 10 Jahre schon 10,8°C betrug, siehe rote Kurve.
Bild 4: Vergleich der Durchschnittstemperaturen und Sonnenscheinstunden über jeweils 10 Jahre: 1914-1923 und 2014-2023
Zu dieser lokalen Temperaturerhöhung von 2,3°C trug wesentlich die stärkere Sonneneinstrahlung bei, siehe gelbe Kurve. Im Vergleichszeitraum vor 100 Jahren schien die Sonne 1660 Stunden pro Jahr, während wir heute mit 1917 Sonnenstunden rechnen können, immerhin 15% mehr. Das ist gut für die Stromerzeugung mit PV-Anlagen, aber leider auch vorteilhaft für die Verdunstung.
Warum ist die Temperatur für den Wasserhaushalt so wichtig?
An der Stelle sollte man sich vergegenwärtigen, woher Grundwassersseen ihr Wasser beziehen (siehe Bild 5). Denn der Caputher See ist zwar Teil des Lienewitzer Seengebiets hat aber sonst keine nennenswerten Zuflüsse (mehr). Die gesamte Seenkette verdanken wir der Eiszeit: Übrig gebliebenes
Schmelzwasser früherer Gletscher. Sie existiert heute nur aufgrund der Grund- und Schichtenwasserzuflüsse aus dem Einzugsgebiet mit den umgebenden Hügeln. Der Wasserhaushalt lässt sich im Prinzip durch eine einfache Gleichung beschreiben. Der See-Pegel ergibt sich aus:
Niederschlag + Zufluss – Abfluss – Verdunstung – Entnahme
= Speicheränderung (Pegeländerung)
Niederschlag, Pegeländerung und Abfluss haben wir zuletzt regelmäßig gemessen. Die Entnahme für Gartenbewässerung kann man schätzen oder beim Kleingartenverein erfragen. Oberflächlich gibt es keinen nennenswerten Zufluss mehr. Abflussverlust ins Grundwasser kann man bisher ausschließen, da die Grundwasserpegel der Umgebung höher liegen als der Seepegel.
Die Temperatur hat den größten Einfluss auf die Verdunstung und den Seepegel
Nach Niederschlag und Abfluss hat die Verdunstung den größten Einfluss auf die Wassermenge im See. Die Verdunstung (Evapotranspiration) ist abhängig vor allem von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind sowie von der Oberfläche (Wege, Grünland, Wasser).
Die Verdunstung über Wasser ist dabei am stärksten. Abgeleitet von entsprechenden Messungen kann der Wasserverlust durch Verdunstung für jede Wetterlage berechnet werden.
Die hohe Verdunstung über dem Wasser erfordert Zufluss
Bild 7: Vergleich von Niederschlag (-6,5%) und Verdunstung (+21%) über jeweils 10 Jahre: 1914 – 1923 und 2014 – 2023
Im Diagramm, grün dargestellt, ist die jährliche Verdunstung über dem See. Der Temperaturanstieg von 2,3°C verursachte 21% mehr Verdunstung. Im Vergleich zur dunkelblauen Kurve des Niederschlags fällt auf, dass es nur in den Jahren 1914, 1916, 2017 und 2023 genügend geregnet hat, um die Verdunstung auszugleichen. In allen anderen Jahren verlor bzw. verliert der See mehr Wasser über Verdunstung als an Regen gewonnen wird. Nach eigenen Berechnungen fehlten dem Caputher See auch vor 100 Jahren schon ca. 50mm Niederschlag pro Jahr, um den Pegel zu erhalten. Inzwischen fehlen im Mittel jedes Jahr ca. 220mm Niederschlag. Die beiden Kurven liegen entsprechend weiter auseinander. Die Differenz kommt aus dem Einzugsgebiet des Lienewitzer Seen- bzw. Feuchtgebiet. Bei einer See-Größe von ca. 50 Hektar mussten früher 25.000m3 zufließen, heute entsprechend 110.000m3. Das stimmt mit Berichten von alten Caputher Bürgern überein: Früher wurde das Schiebewehr im Herbst und Winter kräftig überströmt, auf einer Breite von ca. 1m mit teilweise mehr als 10cm Abflusshöhe (ca. 10 – 100 Liter/sec).
Heute ist der Überlauf bzw. Abfluss in den Caputher Graben nur noch ein Rinnsal
Bild 8: Überfall über das sogenannte Thomson-Wehr mit einem V-förmigen Einschnitt
Die Klimainitiative hat während des Ministerbesuchs ca. 3 – 5 Liter/sec gemessen. Da der Ablaufgraben des Caputher Sees auch heute noch -zumindest zeitweise- gefüllt ist, kommt das Wasser offensichtlich aus vorwiegend unterirdischen Zuflüssen des Einzugsgebietes, die aber auch weniger werden. Denn das Grundwasser fällt.
Hydrologisches Modell des LfU für den Wasserhaushalt des Caputher Sees
Das Landesamt für Umwelt schreibt: „Für den Caputher See liegen unserer Abteilung keine Messungen von Oberflächengewässern vor. Es existieren aber Modellergebnisse des hydrologischen Models ArcEGMO. Information zum Model finden Sie z.B. hier: https://arcegmo.de/. Mit 12,8 km² ist das Einzugsgebiet des Caputher Sees verhältnismäßig klein. Erfahrungsgemäß sind die Modellergebnisse bei so kleinen Einzugsgebieten mit großen Unsicherheiten behaftet. Für eine Validierung des Modells, speziell für den Caputher See, fehlen die Messungen.“ Herr Vetter vom LfU schreibt weiter: „Einigkeit herrscht eigentlich nur darin, dass es in Zukunft (2030 bis 2100) zu einer verstärkten potenziellen Verdunstung und zu einem weiteren Temperaturanstieg kommen wird.“
In Zukunft noch weniger Wasser für den Caputher See
In der Auskunftsplattform Wasser des Landes Brandenburg wird bisher von etwa 20 l/sec Abfluss ausgegangen. Dies stimmt mit Messungen vom Ingenieurbüro Mietz (48,7 l/sec am 24.03.1999) überein, der aber auch feststellte, dass der Abfluss im Juli 1999 zeitweise versiegte.
Für die Jahre bis 2011 bis 2020 hat das LfU die folgende Modell-Berechnung zur Verfügung gestellt:
Danach sind die mittlere Abflussraten in den 10 Jahren von 0,04 auf 0,005 m3/sec = 5 L/sec zurückgegangen. Zumindest größenordnungsmäßig stimmt dies mit unseren Messungen am Überfallwehr überein.
Schlussfolgerung:
- Dem Caputher See fehlt nicht nur der oberflächliche Zufluss aus dem Lienewitzsee. Der See verliert auch zunehmend Wasser durch Ansteigen der Temperatur und entsprechend höhere Verdunstung.
- Es ist zu erwarten, dass der Abfluss aus dem Caputher See weiter zurückgehen wird und vermutlich in einigen Jahren ganz versiegen wird.
- Der Einfluss des fallenden Grundwasserspiegels wurde hier nicht betrachtet. Er könnte den Prozess beschleunigen und sollte weiter untersucht werden.
- Oberflächen- und Grundwasser-Zuflüsse wird es in Zukunft nur noch in außergewöhnlich regenreichen Jahren geben.
- Um zukünftig Perioden längerer Trockenheit besser zu überbrücken, sollte der See in regenreichen Jahren so hoch wie möglich angestaut werden.
- Wasserentnahmen aus dem See sind nur noch in Zeiten zu erlauben, wenn es Abfluss über das Wehr gibt.
- Pegel- und Abflussmessungen sollten automatisiert erfasst werden, um das hydrologische Modell zu verbessern, genauere Prognosen abzugeben.
- Um den See -zumindest temporär- höher anstauen zu können (Vernässung des Moores), ist ggfs. wieder ein bewegliches Wehr erforderlich.
Caputh im August 2024
Dr.-Ing. F. Wilhelm Neikes