Ein Interview mit Jörg Ecker, Fachbereichsleiter beim Landesbetrieb Forst Brandenburg:
Dass der Klimawandel in Schwielowsee angekommen ist, erleben wir durch die uns umgebende Natur und insbesondere durch die Veränderungen im Wald. Um mehr darüber zu erfahren und die komplexen Zusammenhänge ein wenig zu verstehen, haben wir beim Landesbetrieb Forst Brandenburg nachgefragt. Dort haben wir Herrn Jörg Ecker, Fachbereichsleiter Forsthoheit, ausfindig gemacht. Ihn zeichnet zum einen aus, dass er sich beruflich seit Jahren mit dem Thema Wald und Klimawandel beschäftigt und andererseits, dass er in Flottstelle wohnt, also den uns umgebenden Wald sehr gut kennt.
Christian Wessel hat für die Klima-Initiative Schwielowsee im Mai 2020 mit Jörg Ecker, Fachbereichsleiter beim Landesbetrieb Forst Brandenburg, gesprochen.
Klima-Initiative Schwielowsee: Herr Ecker, wie nehmen Sie den Klimawandel persönlich wahr?
Jörg Ecker: Jahrhundertsommer reiht sich an Jahrhundertsommer. Wir haben Rekordsommer in ungewöhnlicher Fülle. Wir haben eine steigende Anzahl von Waldbränden. Den Großbrand von 2018 an der A9 am Dreieck Potsdam haben wir in Schwielowsee alle gerochen.
Das ist kein Problem der fernen Regionen mit mediterranem Klima, sondern dass passiert hier bei uns. Manchen mag es trösten, dass die Brandenburger Weine jedes Jahr besser werden, – wir bewegen uns auf das Niveau der Pfalz oder des Kaiserstuhls zu – aber die Probleme und Herausforderungen, mit denen wir zu tun haben, überwiegen bei weitem. So dürfte dem Gartenbesitzer aufgefallen sein, dass man nur noch im Herbst Bäume pflanzen sollte, da die Frühjahre regelmäßig zu trocken sind. Ganz zu schweigen von Waldanpflanzungen. Wer im Frühjahr Bäume pflanzt, geht ein höheres Ausfallrisiko ein. Früher gab es zwei gute Pflanz-Zeiten: Frühjahr und Herbst. Und wer sich gut an die Eichenprozessionsspinner- Plage 2013/2014 erinnert: Das geht auf den Klimawandel zurück! Früher sind die frisch geschlüpften Raupen zum allergrößten Teil verhungert, da der Eichen-Austrieb erst 10 Tage später begonnen hat. Heute treiben die Eichen früher aus und die jungen Raupen können zahlreich überleben. Vor 6 Jahren gab es allein in Brandenburg 3.700 Menschen, die durch allergische Reaktionen und ähnliches durch die Eichenprozessionsspinner geschädigt wurden. Dies war kein Naturereignis, sondern da fallen die Folgen des von uns verursachten Klimawandels ganz konkret auf uns zurück! Schädlinge, die wir vorher nicht kannten, treten massiv auf, wie z.B. trockenheitsliebende Pilze, wie das Diplodia-Triebsterben, das schon jetzt großflächig Kiefernbestände in Südbrandenburg abtötet oder Blattwespen, die eine zweite Generation im selben Jahr produzieren.
Also sie sehen, ich kann gar nicht so deutlich zwischen meiner persönlichen, privaten Wahrnehmung und meinen beruflichen Erkenntnissen unterscheiden.
Klima-Initiative: Geben Sie uns doch bitte einen Einblick in ihr berufliches Tun, Ihre Beschäftigung mit dem Themenkomplex „Klimawandel und Wald“
J. Ecker: Ich fange mal vor knapp 15 Jahren an. Da war ich in der Oberförsterei Drebkau und hatte zu tun mit dem noch aktiven Braunkohle-Tagebau Welzow Süd, der die Kraftwerke Schwarze Pumpe und Jänschwalde beliefert. Da ging es für mich noch nicht primär um den Zusammenhang Wald und Klimawandel, aber mir wurde klar, dass die Braunkohle maximal eine Brückentechnologie sein kann. 2004 wurde eine Flächensanierung der Lieberoser Heide durchgeführt, finanziert durch die zukünftigen Erträge großflächiger Photovoltaik-Anlagen und die Anzahl der Windkraftanlagen nahm zu. Schon 2009 konnten wir beobachten, dass bei hoher Einspeisung von Windkraft- und Photovoltaik-Strom die Abnahme der Braunkohle durch die Kraftwerke zurückging – also haben die erneuerbaren Energien tatsächlich Wirkung gezeigt!
Als untere Forstbehörde sind wir auch beteiligt bei Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen in Wäldern.
Ein Thema, das ich durchaus kritisch sehe. Ich halte es aber für schwer vermeidbar, wenn man es mit Erneuerbaren Energien ernst meint und den Anteil an der Stromproduktion deutlich erhöhen muss, um die Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig sind Abstandsregelungen zu Siedlungen und Schutzgebieten einzuhalten. Die regionalen Planungsgemeinschaften der Kommunen bemühen sich, geeignete Windeignungsgebiete auszuweisen, die Beeinträchtigungen wertvoller Waldfunktionen geringhalten.
2010 war ich dann für den Forst Brandenburg als Referent bei der Europäischen Kommission in Brüssel und habe im Referat “ Bioenergie, Biomasse, Forstwirtschaft und Klimawandel“ in der Arbeitsgruppe Forstwirtschaft und Klimawandel die Ergebnisse einer Reihe von europäischen Experten für den Ständigen Forstausschuss zusammengefasst. Mir wurde damals klar, dass nur ein multifunktionaler Wald CO2 binden kann. Ein sich selbst überlassener Wald emittiert irgendwann genauso viel CO2, wie er durch Wachstum neu bindet. Mir ist bewusst, dass manche Naturschutz-Organisationen mir hier nicht folgen, aber wenn wir CO2 binden wollen, kann es nur so gehen. Jeder Stahlträger, der z.B. im Gebäudebau durch einen Holzträger ersetzt wird, vermeidet doppelt CO2: Das CO2, das sonst bei der Stahlherstellung emittiert werden würde, wird vermieden und das im Holz gebundene CO2 bleibt für die Lebenszeit des Holzträgers gebunden und entweicht nicht in die Atmosphäre.
2017/18 war ich dann noch einmal als Forstexperte für die EU im Einsatz – bei einer Fokus-Gruppe „Forstliche Praktiken und Klimawandel“ mit dem Schwerpunkt Waldschutz, innovatives Risikomanagement und Prävention. Der Landesbetrieb Forst Brandenburg hat viele „best practice examples“- Beispiele im Waldmanagement, die EU-weit beispielgebend und wo wir Vorreiter sind.
Ein flächendeckendes Waldschutzmonitoring im gesamten Wald, die Entwicklung des führenden automatisierten Waldbrand-Frühwarnsystems, das die kleinste Rauchentwicklung erkennt und hilft, den Verlust von Wald durch Brände zu reduzieren und erfolgreicher Einsatz von Satellitentechnik seit 2013 im Waldschutz. Das ist besonders wichtig, wenn man einen so labilen Wald hat, wie es unser Kiefernwald in Brandenburg ist.
Klima-Initiative: Das heißt, die Frage, ob wir einen Klimawandel haben, steht für Sie außer Frage?
J. Ecker: Ja, eindeutig. Die Klimaforscher zeigen uns auf, dass wir Menschen ihn durch unser Verhalten verursachen. Der Wald sagt uns: Willkommen mitten im Klimawandel, hier bei uns vor der Haustür! Und für uns, die sich mit dem Wald täglich auseinandersetzen, wird es immer schwerer, die Entwicklung im Wald vorher zu sagen, weil wir uns außerhalb der gewohnten Schwankungsbreiten bewegen. Die Wetterphänomene verstärken sich. Sturm, hohe Temperaturen, Niederschläge, die ausbleiben oder sehr stark sind – oft aber nur sehr lokal. So hatten wir im letzten Frühsommer regional alarmierend hohe Populationen von schlüpfenden Schädlingen in Baumkronen entdeckt und befürchteten eine starke Ausbreitung. Die ist dann jedoch plötzlich ausgeblieben, weil die Hitze in den Baumkronen zu so hohen Temperaturen geführt hat, dass die Schädlinge zu großen Teilen nicht überlebt haben. Das meine ich, wenn ich sage, dass wir uns außerhalb der Schwankungsbreiten bewegen, in denen wir Erfahrungswerte haben und Vorhersagen mit hoher Wahrscheinlichkeit dann auch eintreten. Die Bedrohungen und das Risiko für den Wald sind damit deutlich gestiegen.
Klima-Initiative: Sie sagen, dass wir einen sehr labilen Wald hier in Brandenburg haben. Woran liegt das?
J. Ecker: In Brandenburg haben wir in vielen Bereichen Kiefer-Monokulturen. Eigentlich können Kiefern recht gut mit den trockenen, sandigen Böden umgehen. Da allerdings nun schon über mehrere Jahre hinweg die Niederschläge deutlich hinter den vorherigen Jahresmitteln zurückbleiben, haben wir es mit einer großflächigen extremen Dürre zu tun. Die Bäume sind gestresst. Biomarker wie der Gehalt an Prolin oder der Gesamtaminosäuregehalt im Baum weisen dies nach. Das funktioniert so ähnlich, wie eine Analyse des Blutes beim Menschen. Bei gefällten Bäumen erkennt man das gut an der Gestalt der Jahresringe. Wenn im Unterholz kaum niedriger Laubbewuchs vorhanden ist, steigen die Temperaturen bei heißem Wetter auch in Bodennähe stark an. Man muss sich diese Kombination vor Augen führen: Dürre, Hitze, gestresste, trockene Bäume mit hohem Harzgehalt und zusätzlich in vielen Bereichen alte Munition im Boden. Eine explosive Mischung. Wenn hier nur ein einziger Mensch unachtsam eine Kippe aus einem vorbeifahrenden Fahrzeug wirft oder auf andere Weise ein Zündfunke entsteht, ist schnell ein Feuer da, das sich schnell ausbreitet und schwer bekämpft werden kann. Der großflächige Waldbrand von 2018 an der A9 am Autobahn-Dreieck Potsdam hat sehr wahrscheinlich an der Böschung zur A9 begonnen.
Klima-Initiative: Also sollten wir den Waldumbau vorantreiben – wie funktioniert das?
J. Ecker: Ein ganz klarer Handlungspfad, den wir verfolgen und weiter verfolgen müssen ist der aktive Waldumbau. Allerdings möchte ich einleitend sagen, dass sich nur 24% der Brandenburger Wälder in Landesbesitz befinden. Der Privatwald gehört rund 100.000 privaten Waldbesitzern. Im Durchschnitt besitzt jeder private Waldbesitzer weniger als 10 Hektar [Anm.: 1 Hektar (ha) = 100m*100m]. Also haben wir eine sehr kleinteilige Eigentümerstruktur. Wenn wir „den Wald“ also nun umbauen wollen, heißt das, dass wir diese vielen Eigentümer, die weit verstreut leben – z.T. handelt es sich um Erbengemeinschaften – für den Waldumbau erreichen und gewinnen müssen. Unsere eigenen Ressourcen sind natürlich auch begrenzt. In Brandenburg müssten rund 500.000 Hektar Wald angepackt werden. Der Landesbetrieb Forst Brandenburg schafft jedes Jahr 1.500 Hektar.
Wenn Sie mit einem privaten Waldbesitzer sprechen, kommen insbesondere zwei erschwerende Faktoren zusammen: Aufgrund der Dürre ist es nicht sicher, dass ein Großteil der Pflanzungen gedeiht, selbst wenn mehrfach nachgepflanzt wird. Zum aktiven Waldumbau muss der Waldbesitzer derzeit in Vorleistung gehen, bevor er den größten Teil wieder über Fördermittel zurückerhält. Das schreckt manche ab. Der Klimawandel erschwert das Gelingen der Maßnahmen.
Allerdings gibt es beim Thema Waldumbau noch weitere Zusammenhänge, die auf den ersten Blick verblüffen. Da spielen die Jagd und der Wolf eine große Rolle!
Klima-Initiative: Bitte erklären sie uns, welche Rolle die Jagd und der Wolf beim Waldumbau spielen.
J. Ecker: Sie haben das sicherlich schon gesehen: Wenn ein Laubbaum im Wald gepflanzt wird, erhält er eine Schutzhülle gegen Wildverbiss oder die Fläche muss komplett eingezäunt werden, damit die frischen Triebe nicht vom Wild abgebissen werden und der Baum eine Chance hat, in die Höhe zu wachsen. Viele Blütenpflanzen im Wald, die zum Artenreichtum und als Nahrungsgrundlage für Gegenspieler der Schädlinge notwendig sind, haben keine Überlebenschancen, weil sie sofort abgeäst werden. Der Wald sorgt aber an vielen Stellen von selbst für den Umbau: Laubbäume wachsen von allein nach, wenn man verhindert, dass sie vom Wild verbissen werden. In den Brandenburger Landesforsten habe wir den Wildbestand durch die gezielte Jagd in den letzten Jahren deutlich reduziert – mit großem Erfolg bei nachwachsenden Laubhölzern. Achten sie mal drauf, wie in den Wäldern in Schwielowsee Laubholz unter den schützenden Kronen der Kiefern nachwächst – zumindest gilt dies für die Wälder in öffentlicher Hand. Wenn der Waldumbau in 10-20 Jahren stattgefunden haben soll, müssen wir uns heute auf die Reduzierung und Regulierung des Wildbestandes konzentrieren – auch und vor allem in den Wäldern, die sich in Privateigentum befinden.
Der zweite erschwerende Faktor für den Waldumbau bei privaten Wäldern ist ausgerechnet die Jagd: Eigentlich sollte es Aufgabe des Jägers sein, den Wildbestand so zu regulieren, dass ein stabiler und artenreicher Wald entstehen kann. Er sollte also Rehe, Dam- und Rotwild so in Grenzen halten, dass nachwachsende Bäume nicht übermäßig verbissen werden. Viele Jäger haben heute ein ganz anderes Interesse: Hohe Wildbestände und starke Trophäen. Daher zahlen Jäger auch gerne hohe Preise für Jagdrechte. Waldbesitzer sehen zunächst finanzielle Vorteile, wenn in ihrem Wald viel Wild umherläuft und Jäger dann dafür zahlen, dies jagen zu dürfen. Der Schutz der nachwachsenden Bäume, die für den Waldumbau sehr wichtig sind, spielt keine oder eine untergeordnete Rolle. Schon mittelfristig überwiegen trotz der Jagdeinnahmen jedoch für Waldbesitzer die finanziellen Nachteile, weil durch die fehlende Mischung mit Laubhölzern das Risiko des labilen Waldes steigt. Das Risiko von Insektenmassenvermehrungen, Pilzkrankheiten und Waldbränden steigt massiv. Schon ab einem Laubholzanteil von 20-30 Prozent nimmt die Gefährdung von Kiefernbeständen erheblich ab.
Das hier beschriebene Verhaltensmuster zeigt sich leider in weiten Teilen des Privatwaldes. Deshalb geht das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) jetzt entschlossen die Novellierung des Brandenburger Landesjagdgesetzes an, mit den Waldbesitzern und Jagdvertretern.
Fakt bleibt: Erstens: Brandenburg hat bundesweit eine traurige Spitzenposition. Nach Ergebnissen der Bundes- und Landeswaldinventur ist jede 2. Verjüngungspflanze verbissen. Übel dabei: Ausgerechnet das wegen des Klimawandels dringend benötigte Laubholz ist am stärksten betroffen.
Zweitens: Es gibt mehr Wild in Brandenburg als in den letzten 50 Jahren. Es können heute doppelt so viele Rehe, 5 mal so viel Damwild und 10 mal so viele Rothirsche geschossen werden wie noch Anfang der siebziger Jahre, ohne dass eine Populationssenkung bewirkt wurde. Diese Steigerungsraten von bis zu 1000 % habe ich mir nicht ausgedacht; das sind offizielle Zahlen der Jagdstatistik des Landes Brandenburg.
Dass dies die instabile Situation der Kiefernreinbestände nur verschärfen kann, dürfte einleuchtend sein. Da müssen wir ran.
Ein wichtiger Helfer beim Waldumbau ist eben auch der Wolf! Ein ausgewachsener Wolf fängt durchschnittlich 90 Wildtiere pro Jahr. Da kommt kaum ein Jäger ran. Allerdings ist damit auch klar, dass es Jäger gibt, die den Wolf als große Konkurrenz sehen. Dabei ist das ein Beispiel dafür, wie die Natur sich selbst reguliert. Wo es viel Wild gibt, kommt der Wolf und reduziert die Bestände! Es gibt das russische Sprichwort: Wo der Wolf läuft, wächst der Wald. Der Wolf ist ein Klimaschützer! Wieder ein Beispiel für die Komplexität des Systems „Wald“.
Klima-Initiative: Ich stelle nun eine Frage, auf die Ihre Antwort hoffentlich etwas einfacher ausfällt: Welche Baumarten sind für Brandenburg die Baumarten der Zukunft?
J. Ecker: Statt nach fremdländischen Baumarten zu schauen, die ein höheres Anbaurisiko haben, erscheint es sinnvoller, bisher eher wenig beachtete heimische Nebenbaumarten zu verwenden und aus dem überaus breiten geographischen Spektrum der heimischen Baumarten Herkünfte zu verwenden, die eine bessere Anpassung an die künftigen, extremeren Standortbedingungen bieten. Die Hainbuche, nicht zu verwechseln mit der weit verbreiteten Rotbuche, und die Birke sind ein gutes Beispiel für diese bisherigen Nebenbaumarten. Die Elsbeere, die bisher vorwiegend in Südwest- und Mitteldeutschland vorkommt, wäre geeignet für nährstoffreichere Standorte. Die Kiefer wird weiterhin eine bedeutende Rolle in Brandenburg spielen, aber nicht in Reinkultur.
Die Forstwissenschaftler bemühen sich bei den heimischen Kiefern, diejenigen zu finden, die schon jetzt extremeren Standortsbedingungen ausgesetzt sind, um diese für andere, sich künftig stark verschlechternde Regionen als Alternative anbieten zu können. Die unterschiedlichen Herkünfte und genetischen Unterschiede innerhalb der Baumart sind von entscheidender Bedeutung.
Klima-Initiative: Was kann der einzelne Bürger in Schwielowsee aus ihrer Sicht beitragen?
J. Ecker: Da wir gerade von den Bäumen sprachen, die wir in Zukunft mehr brauchen: Wir führen gerne gemeinsam mit interessierten Bürgern Baumpflanzungen durch. Das hilft ganz konkret und nebenbei können wir Fragen beantworten und den Menschen den Wald und seine Vielfalt näherbringen. Und natürlich ist bei dem komplexen Thema Waldumbau ein gesteigertes Bewusstsein und Verstehen der Zusammenhänge in der Breite der Gesellschaft hilfreich. Es reicht nicht, wenn ein paar wenige Spezialisten an dem Thema arbeiten und die große Mehrheit der Bevölkerung davon nichts weiß und versteht. Insofern begrüße und unterstütze ich die Klima-Initiative Schwielowsee sehr gerne.
Klima-Initiative: Aber es gibt auch im alltäglichen Leben Dinge, die jeder tun kann, um das Klima zu schonen und somit auch den Stress für den Wald zu reduzieren?
J. Ecker: Ja, es gibt viele konkrete Dinge, die jeder Einzelne tun kann. Holz an Stelle von Kunststoff einsetzen kann man zum Beispiel bei so einfachen Dingen wie Wäscheklammern, Kleiderbügeln, die Garderobe und vieles mehr. Jeder Gebrauchsgegenstand aus Holz speichert CO2, das ein Baum in den letzten Jahren aus der Luft geholt hat. Man kann Baumwolle, deren Anbau die Umwelt belastet, durch Holzfasern ersetzen. Ich hatte es schon erwähnt: Ein Haus, das im Wesentlichen aus Holz besteht, bindet auf Jahrzehnte CO2 und vermeidet CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Beton und Stahl entstehen würden. Es werden inzwischen Holzhäuser mit mehr als 10 Etagen gebaut. Holz ist ein toller Baustoff, den die Natur uns zur Verfügung stellt und der CO2 bindet. Es geht mir dabei um eine nachhaltige Nutzung des Waldes in Verbindung mit einer langfristigen Speicherung des CO2, das in dem Holz steckt, das man dem Wald entnimmt. Für die nächsten 10 bis 20 Jahre ist das für mich ein ganz klarer Handlungspfad! Dazu muss man wissen, dass der Wald in Deutschland an Masse zunimmt. Das sollte auch das Ziel in unserer Gemeinde sein: Unser Ortsbild ist durch die Seen und den Wald geprägt. Ein klimaresilienter Wald, also ein Wald, dem der Klimawandel weniger zusetzt, hat auch einen höheren Erholungswert. Ich wünsche mir, dass das Bewusstsein für den Wald und auch die Bäume innerorts wächst. Ich meine, dass dies auch bei den Stellungnahmen zu Baugenehmigungsverfahren durch die Gemeinde stärker einfließen sollte. Die Baumschutzsatzung sollte konsequenter angewendet werden und es sollte stärker die Umsetzung kontrolliert werden.
Klima-Initiative: Das heißt, sie fordern einen intensiveren sachlichen Dialog zwischen Waldexperten und den Bürgern, politischen Entscheidern und den Verantwortlichen in den Verwaltungsstrukturen?
J. Ecker: Auf jeden Fall, reden hilft immer. Ich hatte mich ja bereiterklärt, bei dem aufgrund von Corona leider verschobenen Klima-Aktions-Tag der Klima-Initiative Schwielowsee für und über den Wald zu sprechen.
Klima-Initiative: Das werden wir nachholen! Wir bedanken uns für das aufschlussreiche Gespräch.
Das Gespräch mit Jörg Ecker, Fachbereichsleiter Forsthoheit beim Landesbetrieb Forst Brandenburg, führte Christian Wessel für die Klima-Initiative Schwielowsee am 27. Mai 2020.
2 Gedanken zu „Klimawandel und Wald“
Tolles Interview. Dass der Wolf solch wichtige Rolle für den Klimaschutz hat, war mir nicht bewusst.
Gebt doch bitte Bescheid, wenn der Forst wieder eine Pflanzaktion startet, ich wäre gerne dabei.
Hallo Dave,
am 25.8. um 18:00 diskutieren Herr Ecker und weitere Podiumsteilnehmer zum Thema „Wald und Klimawandel“. Eine aktive Teilnahme (Fragen stellen, zu Fragen abstimmen etc.) ist vor Ort, im ev. Gemeindesaal in Caputh, oder online möglich. Du findest den link zur Einladung oben unter „Aktuelles“.
Wir wollen aus der Podiumsdiskussion heraus Aktivitäten vereinbaren – Waldbegehungen und Pflanzaktionen werden sicherlich dabei sein. Ich empfehle Dir daher, Dich zu der Veranstaltung anzumelden, dann erhältst Du Infos aus erster Hand!
Viele Grüße,
Christian