Transporter auf zwei Rädern

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Märkische Allgemeine vom 9.4.21
Von Jérôme Lombard

Das Förderprogramm der Landesregierung für Lastenräder lässt die Nachfrage steigen, 200 Anträge sind bereits beim Landesamt für Bauen und Verkehr eingegangen.

Potsdam.

Wo er früher umständlich das Auto aus der Garage holen musste, nimmt er heute entspannt das Lastenrad mit Elektro-Antrieb:

Christian Wessel schwört auf die Transporter auf zwei Rädern. „Ein Lastenrad kann in vielen Bereichen das Auto ersetzen, etwa, um die Kinder zur Schule zu bringen, oder, um den Wocheneinkauf zu erledigen“, sagt er überzeugt.
Wessel ist Mitbegründer der Klima-Initiative Schwielowsee in der Gemeinde Schwielowsee (Potsdam-Mittelmark). Seit Dezember gibt es auf Betreiben der Initiative ein Lastenrad mit Elektro-Unterstützung des Typs „Long-John“, das sich Interessierte vor Ort kostenfrei ausleihen können.


Ermöglicht wurde die Anschaffung des Leih-Lastenrads durch Fördermittel der „Aktion Nachhaltige Entwicklung – Lokale Agenda 21“ des Landwirtschaftsministeriums sowie durch Spenden. „Das Interesse an unserem Leih-Lastenrad ist riesengroß“, schwärmt Wessel. Die vielen Anfragen zum Ausleihen könnten gar nicht alle abgedeckt werden.
Doch schon bald soll Abhilfe kommen: Die Klima-Initiative will zwei weitere Lastenräder mit E-Antrieb für die Gemeinde anschaffen. „Alle drei Ortsteile von Schwielowsee – Caputh, Geltow und Ferch – sollen dann ein frei verfügbares Leih-Lastenrad bekommen“, sagt Wessel. „Damit wollen wir einen Beitrag zur Reduktion von Lärm, Schadstoffemissionen, Verkehrsunfällen und natürlich zum Klimaschutz leisten.“


Möglich wird das Vorhaben in Schwielowsee durch ein Förderprogramm der brandenburgischen Landesregierung, mit dem seit Ende Januar die Anschaffung von Lastenrädern unterstützt wird. 80 Prozent finanzielle Förderung hat das Infrastrukturministerium Gemeinden, Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Vereinen und kommunalen Trägern versprochen, wenn sie sich ein Lastenrad mit und ohne Elektroantrieb zulegen. Für Privatpersonen gilt die Prämie nicht. 600 000 Euro stehen im Förderbudget für 2021 zur Verfügung.


Das Interesse ist groß.

„Das Angebot des Landes für die Lastenfahrradprämie wird sehr gut angenommen“, sagt Simone Engler, Sprecherin des Verkehrsministeriums. So sind seit Inkrafttreten der Förderrichtlinien bereits rund 200 Anträge bei der Bewilligungsbehörde, dem Landesamt für Bauen und Verkehr, eingegangen, wie Engler sagt. „Die gute Resonanz zeigt sich auch an der großen Anzahl von Anfragen zum Thema.“
Derzeit werden die Bewilligungsanträge bearbeitet. Mitte April soll es Rückmeldungen geben. Absehbar ist schon jetzt: Da Lastenräder im Schnitt 2000 bis 3000 Euro kosten, dürfte das Finanzvolumen bereits nach den ersten zwei Monaten des Förderzeitraums zu mehr als der Hälfte ausgeschöpft sein.


Clemens Rostock, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landesfraktion, überrascht der Run auf die Fördergelder nicht. „Dass die Kaufprämie für Lastenräder auf ein reges Interesse stoßen würde, war absehbar“, sagt er. In den zurückliegenden Jahren habe er mit Freude festgestellt, dass sich in Brandenburg immer mehr Leih-Initiativen und auch Privatleute ein Lastenrad angeschafft haben.
„Das Lastenrad kann kurze Autofahrten ersetzen, welche einen besonders hohen Kraftstoffverbrauch aufweisen“, sagt der Grünen-Politiker. „Das ist eine echte Chance für die Verkehrswende.“Durch den Elektro-Antrieb vieler Modelle sei das Lastenrad auch keineswegs nur etwas für Menschen in Städten. „Das Distanzlimit ist relativ.“Seine Fraktion will sich in der Landesregierung dafür einsetzen, dass das Förderprogramm rasch finanziell aufgestockt wird.


Tom Sehrer, Geschäftsführer des Fahrradgeschäfts „Potsdam per Pedales“, hält die Förderprämie für eine super Sache. „Die Nachfrage nach Lastenrädern ist in den vergangenen vier Jahren sehr stark gestiegen“, sagt Sehrer, der sich in seinem Laden auf Lastenräder aus Holland und Dänemark spezialisiert hat und einer der größten Anbieter für die Transport-Drahtesel im Land Brandenburg ist.
„Der Umsatz mit Lastenrädern steigt bei uns jährlich um ein Drittel“, sagt der Potsdamer Rad-Händler, dessen Werkstätten im Hauptbahnhof und im S-Bahnhof Griebnitzsee zu finden sind. Durch das Förderprogramm hätten sich viele Initiativen und Gewerbetreibende bei ihm für Angebote gemeldet. „Wenn die Förderbescheide eintrudeln, kann es losgehen“, sagt Sehrer.


Auch in der Gemeinde Schwielowsee hofft man darauf, dass es bald losgehen kann. „Unsere drei Lastenräder werden Schule machen“, ist sich Christian Wessel von der Klima-Initiative sicher. Wenn viele Menschen sehen, wie praktisch so ein sportlicher Transporter ist, schaffen sie sich vielleicht ja auch einen privat an. „Das Klima würde sich freuen“, sagt Wessel.

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